Tatsächlich. Da nannte mich wer Wohlfahrtskünstler. Wieso? So unreflektiert? Kennt er meine finanzielle Situation? Wer das war, ist nicht relevant. Kenne ihn kaum. Weniger offen scheint, was gemeint ist. Ein Wohlfahrtskünstler profitiert direkt von Stadt, Staat oder Kanton. Das tun viele. Vor allem Nichtkünstler. Indirekt noch mehr. Klassiker sind Spitäler, Landwirtschaft, Gastronomie und Buchszene, Medien, Finanzbranche und Schnapsbrenner, Baugewerbe, Tourismus und Sport. Profitiert wird via Subventionen, tieferer Mehrwertsteuer oder mit verbilligter Distribution. Es gibt Direktzahlungen, Staatsgarantien, Rettungsmassnahmen und nicht gedeckte Sicherheitskosten, Starthilfen und Exportrisikoversicherungen. Stetig tropfen Aufträge der öffentlichen Hand, ebenso beliebt ist das Mandat. Überall zahlt der Staat. Auch für Löhne und Politikerspesen, Verwaltungsräte in Bundesbetrieben und deren Chefs. Hinzu kommen Profiteure von gesetzlich vorgeschriebenen Angeboten wie die Grundversicherung. Populär auch Schutzzölle und Steuerdeals. Eine uferlose Liste. Sehr umfassend, finde ich. Deswegen wen als Wohlfahrtssportlerin zu bezeichnen, fände ich unangebracht. Auch den Wohlfahrtshotelier. Oder das Wohlfahrtsbauunternehmen. Den Wohlfahrtsmillionär. Rechnet man Glück und Vorzüge, welche uns das Land beschert, dazu, trifft es fast alle. Gut. Vielleicht gibt es ihn, den Wohlfahrtskünstler. Doch nicht in Olten. Kriegte eine Person alles Geld, womit die Stadt jährlich Projekte einer Szene fördern kann, wo Schutz und Klauseln kaum, Dumpinglöhne und harte Arbeit sehr wohl eine Rolle spielen, entspräche das insgesamt zirka einem halben Jahresmindestlohn.
von Rhaban Straumann
Schauspieler, Satiriker und Autor aus Olten
Sep.t 2018